SPEX N°349, die November / Dezember-Ausgabe 2013, – inklusive der SPEX CD 113 mit zwölf Titeln – ist ab Donnerstag, dem 31. Oktober 2013 (bzw. in allen Bundesländern, in denen dieser Tag einer Feiertag ist, ab Freitag, dem 1. November), im Zeitschriftenhandel erhältlich. Die aktuellen Aboprämien finden sich hier, das Editorial hier. Weitere Informationen, Ergänzungen sowie ausgewählte Texte folgen in Kürze auf spex.de.
TITEL: Die Gebrüder COEN
Männer auf Irrfahrten – inside Ethan & Joel
ILLUSTRATION: Goetz Valien
ETHAN & JOEL COEN »Da prallen drei Hipsterschulen aufeinander, und alle hassen sich«
TEXT: Sonja Eismann
In einem Londoner Hotelzimmer arbeiten Ethan und Joel Coen geduldig einen nie versiegenden Strom von Interviewfragen ab. Sie sind dabei ganz uneitle Anti-Stars und erinnern mit ihrem casual look eher an College-Lehrer als an Oscar-prämierte Meisterregisseure. Ihre Bruderrollen spielen sie mit ständigem Geben und Nehmen perfekt, ohne dass zwischen beiden jemals Hierarchie oder durch familiäre Nähe einreißende Respektlosigkeit zu spüren wäre. Ethan, der Jüngere, bemüht sich mit freundlichem Lachen um ein angenehmes Gesprächsklima, während es dem drei Jahre älteren Joel weniger um Vermittlungsaspekte geht als um die Inhalte: um ironiefreie Zonen, Klaustrophobie, die 60s und das Großartig-Furchtbare im Folk.
INSIDE LLEWYN DAVIS Von den Launen der Götter getrieben
TEXT: Barbara Schweizerhof
Ein Meisterwerk der melancholischen Intensität: Mit Inside Llewyn Davis perfektionieren Ethan und Joel Coen ihre Kunst, zwischen Humor und Abgründigkeit mit der Eleganz einer Langschwanzkatze herumzustolpern. Eine Verortung des im Dezember anlaufenden Films im irrwitzigen Coen’schen Gesamtwerk.
T BONE BURNETT »Ein Drahtseilakt, nur ohne Drahtseil« (Interview)
TEXT: Patrick Heidmann
Wer in Hollywood authentische Roots-Musik braucht, ruft bei T Bone Burnett an. Der Songschreiber hat in der Band von Bob Dylan gespielt, mit Roy Orbison, Elton John und zahlreichen anderen. Mit der Arbeit an Inside Llewyn Davis schließt sich für Oscar-Preisträger Burnett ein Kreis: Seinen ersten großen Erfolg als Score-Komponist hatte er mit dem Coen-Brüder-Klassiker O Brother, Where Art Thou?.
DANNY BROWN, EMINEM und DETROIT Last Man Standing
TEXT: Daniel Gerhardt FOTOS: (Danny Brown) Annika Berglund
Detroit ist Amerikas ewiger Patient, seit Jahrzehnten treibt es die ehemals stolze Stadt von Tiefpunkt zu Tiefpunkt. Zu ihren wenigen individuellen Erfolgsgeschichten gehörte zuletzt der Aufstieg des Rappers Danny Brown, der so lange mit seinem Status als HipHop-Sonderling haderte, bis er vollends in der Rolle aufging. Browns Werdegang vom Außenseiter zum Original erinnert an die ersten Karrierejahre eines weiteren Detroiter MC, der dieser Tage ebenfalls ein neues Album vorlegt. Mit The Marshall Mathers LP 2 versucht Eminem dem Abstieg in die Bedeutungslosigkeit zu entgehen. Ein Kampf, den seine Heimatstadt in Browns Augen schon verloren hat.
FELA KUTI und LAGOS Sonnenaufgang in Afro-Metropolis
TEXT: Florian Sievers FOTOS: Bernard Matussière (Fela Kuti), Yngve Leonhardsen (Lagos)
Fela Kuti gilt als der größte afrikanische Popstar aller Zeiten. Dieser Tage wäre der Afrobeat-Erfinder 75 Jahre alt geworden. Eine Reise in seine Heimatstadt Lagos in Nigeria – die vermutlich energetischste Stadt des Kontinents.
Vorspiel für FELIX KUBIN »So eine Art Ohrwurmpenetration«
TEXT & MUSIKAUSWAHL: Arno Raffeiner MUSIKAUSWAHL: Yves Borgwardt
Seine ersten künstlerischen Forderungen stellte Felix Kubin zu Zeiten der Neuen Deutschen Welle. »Ich möchte tausendmal Computerschlagzeug am Tag«, sang er als Teenager zu zackigen Synthesizerklängen. Seither arbeitet der Hamburger in diversen Disziplinen an seiner Version eines Pop- und Kunstuniversums, das Bedeutung oft im scheinbar Sinnfreien sucht. Er verbannt Thomas Mann aus seinem Unterbewussten, lernt den ungarischen Komponisten und Musikethnologen Béla Bartók lieben und telefoniert stundenlang mit Alfred Hilsberg. In einer Zusammenarbeit von dessen Label ZickZack mit Kubins Gagarin Records erscheint nun das Album Zemsta Plutona, ein weiteres Kapitel im Gesamtkunstwerk Felix Kubin.
NILS FRAHM Meditieren an 88 Tasten
TEXT: Tim Caspar Boehme FOTOS: Christoph Mack
Der Pianist und Produzent Nils Frahm vereint romantische Klaviertradition mit Minimalismus und elektronischer Musik. Im Konzert begeistern seine leisen Improvisationen ein weitgehend junges Publikum, in Frahms unter seinem Hochbett gelegenen Tonstudio sorgt über Jahrzehnte erprobtes Analoggerät für Qualität. Ob er selbst spielt oder Kollegen aufzeichnet: Für Frahm zählt vor allem der »eigene Ton«, wie er sagt.
PERERA ELSEWHERE All Music Is Black!
TEXT: Sonja Eismann FOTOS: Martin Zellerhoff
Mit ihrer Band, dem in Berlin beheimateten, international aufgestellten Clubmusik-Trio Jahcoozi, zog Sasha Perera ab 2005 als aufgekratzt-angriffiger »Pure Breed Mongrel« durch Dancehalls, Technotempel und grimy Läden. Das erste Soloalbum der Londonerin mit sri-lankesischen Wurzeln setzt jetzt mit weird verhallten, abstrakt-minimalistischen Loops auf zurückgelehntes Songwriting als Schockmoment und zeigt: Travelling Perera ist schon wieder ganz elsewhere.
SKY FERREIRA Nude As The News
TEXT: Daniel Gerhardt FOTO: Erez Avissar
Sky Ferreira hat eine grandios gescheiterte Teen-Pop-Karriere hinter sich, derzeit läuft der Neustart als Model, Schauspielerin und sogenannte ernstzunehmende Musikerin. Im Mittelpunkt der Inszenierung steht diesmal das Bild einer Allround-Entertainerin, die das passende Video, Outfit oder Skandälchen zu jeder denkbaren Begebenheit liefern kann. Kurz vor Erscheinen ihres Debütalbums Night Time, My Time ist allerdings nicht mehr klar, wo die Show aufhört und der Ärger anfängt. Sky Ferreira könnte schon wieder zum Problem-Popstar werden.
COURTNEY BARNETT Reiten auf der Skateboard- Bong
TEXT: Jacqueline Krause-Blouin FOTO: Lisa Sorgini
KWES Free Pop
TEXT: Florian Obkircher
SOCIETY Schlachtplanlose Studiohocker
TEXT: Thomas Vorreyer
JUNGBLUTH Die eigenen Bedingungen
TEXT: Hendrik Otremba FOTO: Christian Protte
THE STRYPES Motown-Rock
TEXT: Torsten Groß FOTO: Tinka & Frank Dietz
Sontextkritik: JUSTUS KÖHNCKE »Das Selbstgespräch«
TEXT: Klaus Walter
Kolumne: TAXI FÜR RÜTZEL Magische Momente in Sofia
TEXT: Anja Rützel ILLUSTRATION: Patrick Klose
Kolumne: GOOD MORNING AMERICA Ach, wirklich?
TEXT: Steven Lee Beeber ILLUSTRATION: Patrick Klose
Kolumne: POFALTE Detox
TEXT: Holger in't Veld ILLUSTRATION: Patrick Klose
SPEZIAL: BIEDERMANN UND BRANDSTIFTER
Die neue deutsche Rechte
DEUTSCHLAND GANZ RECHTS Die konformistische Rebellion
TEXT: Patrick Gensing
Bei der Bundestagswahl kratzt die AfD an der Fünf-Prozent-Hürde. In Berlin-Hellersdorf sahnt die NPD mit Hetze gegen Flüchtlinge mehr als zehn Prozent ab. Thilo Sarrazin ist salonfähig – und während Politik und Medien vor neuen »Flüchtlingswellen« warnen, füllen Frei.Wild mit bierseligem Identitätsrock die großen Hallen. Alles nur isolierte Phänomene – oder Zeichen eines oft beschworenen Rechtsrucks der Gesellschaft?
JOHANNES RADKE »Es gibt eine schleichende Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas«
TEXT: Torsten Groß
FEINE SAHNE FISCHFILET »Ich hatte eine Axt in meiner Motorhaube«
TEXT: Torsten Groß FOTO: Christoph Mack
Die deutsche Punkband Feine Sahne Fischfilet aus Greifswald engagiert sich seit Jahren gegen rechte Gewalt – und geriet dadurch ins Visier des Landesamts für Verfassungsschutz. Ein Gespräch mit Sänger Jan »Monchi« Gorkow.
POPKULTUR
CLEMENS MEYER »Man schreibt gegen die Endlichkeit«
TEXT: Simone Schlosser FOTOS: Albrecht Fuchs
Er gilt als der wilde Mann der jungen deutschen Literaturszene und stand mit seinem neuen Roman Im Stein auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis. Clemens Meyer über Prostitution, überflüssige Indie-CDs und sein Image als sogenannter Rebell.
RIVANE NEUENSCHWANDER Kommisarin der Kunst
TEXT: Dorothea Schöne
Die konzeptionellen Arbeiten der brasilianischen Künstlerin Rivane Neuenschwander sind in Malerei, Video, Skulptur und Installation ausgeführt. Auffällig oft beschäftigen sie sich mit Spionage und Überwachung. Mit Vorliebe involviert Neuenschwander ihre Zuschauer und macht sie zu Ermittlern ihrer Kunst. Und von der ersten Liebe wird nicht etwa ein kitschiges Gemälde erstellt, sondern ein Fahndungsbild zur Täteridenti- fikation. Ein Porträt.
Modegespräch mit MELISSA DRIER »Ich verstehe nicht, wie Kleidung heute weniger kosten kann als in meiner Kindheit!«
TEXT: Anne Waak FOTOS: Sabrina Theissen
Melissa Drier ist seit 1986 die Deutschland-Korrespondentin der oft als »Modebibel« betitelten Women’s Wear Daily, dem wichtigsten Branchenblatt der Modewelt. Lange bevor irgendjemand Berlin auf der Karte hatte, kam sie in die Stadt, deren modische Entwicklung sie seitdem verfolgt. Das Interview mit der gebürtigen New Yorkerin Drier findet in einer Mischung aus Deutsch und Englisch statt, frühmorgens in einem Café in der Nähe ihrer Wilmersdorfer Wohnung.
LITERATUR-Kritiken
Alexis de Tocqueville Fünfzehn Tage in der Wildnis, Dietmar Dath & Swantje Karich Lichtmächte. Kino – Museum – Galerie – Öffentlichkeit, Sasha Grey Die Juliette Society, Felix Scharlau Fünfhunderteins. Ein DJ auf Autopilot
Bilder, die die Welt bewegten: JFK
TEXT: Robert Defcon
FILM-Kritiken
The Act of Killing, Jenseits der Hügel, Blancanieves
KRITIKEN
Album der Ausgabe: ARCADE FIRE Reflektor
Glasser, Lucrecia Dalt, The Stranger, Son Lux, Jonwayne, Juana Molina, Vex Ruffin, Omar Souleyman, Jan Jelinek, Burkhard Stangl, Robert Glasper Experiment, Mountains of Tongues – Musical Dialects of the Caucasus, Blood Orange, Krohn Jestram Lippok, Heimatlieder aus Deutschland, New German Ethnic Music – Immigrant's Songs From Germany Electronically Reworked, Messer, Kronos Quartett, Aheym, Pick A Piper, Clara Moto, Momus, Four Tet, Laurel Halo, Swearin', Kundekoenig, Grizzly Bear
Werke XIII – Willkürlich und anlassfrei zusammengestellt von Diedrich Diederichsen
Bill Orcutt, Krohn Jestram Lippok, Voigt & Voigt, R. Frank Pozar
Odyshape – Selten gehörte Musik mit Joachim Ody
Bruce Gilbert, Graham Bowers, Nurse With Wound, Arve Henriksen
Gegenwartskunde – Popwelt mit Klaus Walter
Lawrence,
Punchzeilen – Rap mit Marcus Staiger
Sido, Fettes Brot, Mosh36
Direct Cuts – Clubmusik mit Holger Klein
Kirk Degiorgio, John Heckle, L.B. Dub Corp, Tessela, Objekt, Pearson Sound, Manix
SPEX CD 113
(Für Cover in Hochauflösung bitte auf Bild klicken!)
ZUSAMMENSTELLUNG: Daniel Gerhardt
1. Swearin’ »Dust In The Gold Sack«
2. tUnE-yArDs, ?uestlove, Angelique Kidjo + Akua Naru »Lady«
3. Blood Orange »Chamakay«
4. Son Lux »Alternate World«
5. Grizzly Bear »Will Calls (Marfa Demo)«
6. Messer »Die kapieren nicht«
7. Omar Souleyman »Warni Warni«
8. Juana Molina »Eras«
9. Laurel Halo »Ainnome«
10. Robert Glasper Experiment »I Stand Alone (feat. Common & Patrick Stump)«
11. Lucrecia Dalt »Mirage«
12. Fela Kuti »Everything Scatter«
PERSPEKTIVE
DIE RAKETE VON GAZA
TEXT: Nadia Saadi
Wie der Palästinenser Mohammed Assaf die Castingshow Arab Idol gewann, seine Landsleute in einen Freudentaumel versetzte und fast über Nacht zum Botschafter des Friedens und Sprachrohr eines leidgeprüften Volkes wurde – ein arabisches Märchen.
DAS UNENDLICHE ECHOSYSTEM Ein Besuch beim Jerusalem Sacred Music Festival
TEXT: Philipp Rhensius
Welche Macht hat Musik? Das Jerusalem Sacred Music Festival folgt dem idealistischen Ziel, kulturelle Gräben zu überwinden und die Integration verschiedener Glaubensrichtungen voranzutreiben. Bei einem Besuch in der ewigen Stadt konnte unser Reporter beobachten, wie die Utopie tatsächlich für einige Momente Wirklichkeit wurde. Doch auch die alten Ressentiments und ideologischen Gräben wurden offenbar.
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RÜCKBLENDE Man Or Astro-Man? Lido, Berlin
TEXT: Walter W. Wacht FOTO: Eduardo Placido
AUSKLANG: OHNE TITEL, 2013. Exklusiv für SPEX von Julia Zange